Wir haben wohl alle schon Momente erlebt, in denen wir langsam abgedriftet sind, während jemand versucht hat uns etwas zu erklären. Die Lehrperson in der Schule, der Sachbearbeiter auf dem Amt oder die Politikerin im Wahlkampf. Doch woran liegt das? An unserer zu geringen Aufmerksamkeitsspanne? Am Engagement der sprechenden Person? Beides kann mit Sicherheit eine Rolle spielen, wenn es um den Erfolg der Kommunikationssituation geht. Doch selbst, wenn wir ausgeruht und zugewandt sind und die Sprecherin oder der Sprecher unbedingt verstanden werden möchte, kommt es oft genug vor, dass wir im Nachhinein kaum etwas vom eben Gehörten wiedergeben können. Dabei wäre das doch eigentlich die Mindestanforderung an eine gelungene Rede oder Unterhaltung: Verständlichkeit.
Der Begriff Verständlichkeit wird in unserem Sprachgebrauch sowohl für die akustische, als auch für die Inhaltliche Ebene verwendet. Bevor uns das "Wie?" anschauen, werfen wir zunächst einen Blick auf das "Was?: Ein Gericht ist die Summe seiner Zutaten und beim Reden verhält es sich in dieser Hinsicht nicht anders als beim Kochen. Wie mache ich dem Publikum meine Inhalte also schmackhaft? Um noch kurz bei unserer Metapher zu bleiben: Wenn die Themen, welche ich vermitteln möchte, die Grundzutaten sind, dann ist die Formulierung die Würze. Am besten lässt es sich Kochen, wenn ich weiß was meinen Gästen schmeckt. Die Frage zur angemessenen Formulierung lautet also: Wer ist meine Hörerschaft und welche sprachlichen Mittel sind passend?
Warum kompliziert, wenn's auch einfach geht?
Bei einem Vortrag vor Medizinern ist der Gebrauch von Fachvokabular üblich und überfordert das Publikum vermutlich nicht. Für eine Schulklasse sollte hingegen möglichst auf Fremdwörter verzichtet werden, wenn diese nicht bereits im Sprachgebrauch etabliert sind. Unabhängig von der Zielgruppe gilt aber: Wenn etwas einfach und praxisnah vermittelt werden kann, dann sollte auf umständliche Formulierungen verzichtet werden. Ein eindrückliches Bild in diesem Zusammenhang ist der Gebrauch eines Speichermediums. Eine Festplatte beispielsweise hat eine festgelegte Kapazität. Je größer die Dateien sind, mit denen das Medium gefüllt wird, desto schneller erreicht es sein Limit. Oftmals wird die Festplatte zudem langsamer, je mehr Speicherplatz verwendet wird. Für unseren Fall gilt: Komplexe Formulierungen brauchen mehr Speicherplatz.
Der "so what?"- Faktor:
Doch was bedeutet eigentlich "praxisnah"? An dieser Stelle kommt der "so what?"- Faktor ins Spiel. Frei übersetzt: "Na und?", noch freier übersetzt: "Was hat das mit mir zu tun?". Einer der Hauptgründe weshalb uns in der Schule oft die Augen zugefallen sind, wenn vorne ein Vortrag gehalten wurde, ist (neben möglichem Schlafmangel) der fehlende Bezug zur eigenen Lebensrealität. Ist uns nicht klar, was der Satz des Pythagoras, Photosynthese oder die Gewaltenteilung für eine Bedeutung in unserem Alltag haben, fällt es uns schwer, das nötige Interesse und die Aufmerksamkeit aufzubringen, Inhaltlich zu folgen. Theoretisches Wissen alleine reicht also meist nicht aus. Die Vortragende Person muss sich Gedanken über die Zielgruppe und deren Verbindung zur Thematik machen. Beispiele aus dem Alltag und konkrete Situationen, mit denen sich die Hörerschaft identifizieren kann, sind eine tolle Möglichkeit, die Brücke zwischen Wissen und Erleben zu bauen.
"Was ich nicht hör' macht mich nicht heiß."
Bemühen wir an dieser Stelle noch einmal unsere kulinarische Metapher: Wir haben nun ein köstliches Menü zubereitet, dessen Duft unseren Gästen schon das Wasser im Mund zusammenfließen lässt. Auf dem Weg von der Küche zu den Tischen gibt es nur ein Problem: Die Hälfte des Essens geht verloren und unsere Gäste sitzen vor halbleeren Tellern...
Nach diesem zugegeben ziemlich frustrierenden Gedankenexperiment, zurück in die Welt des Sprechens: Dass der Inhalt spannend ist und wir grundsätzlich Interesse daran haben, nützt leider wenig, wenn nur ein Teil davon bei uns ankommt, weil wir auf akustischer Ebene Probleme haben zu folgen. Nuscheln, Hasten und zu leises Sprechen führen dazu, dass wir zu sehr damit beschäftigt sind, die Worte zu verstehen, als dass es möglich wäre, größeren Zusammenhängen zu folgen. Das ist, als würden wir uns bemühen, eine unleserliche Schrift zu entziffern. Eine präzise Aussprache, ein moderates Sprechtempo und eine angemessene Lautstärke sind unerlässlich, um gesprochene Sprache mühelos verstehen zu können. Alle drei Faktoren sind allerdings von der jeweiligen Situation abhängig, in der wir kommunizieren. Wie ist die Größe und die Beschaffenheit des Raumes? Wie weit ist der Abstand zu den Adressaten? Gibt es eine Verstärkung durch ein Mikrofon? Wird in einer lauten Umgebung gesprochen? Diese Faktoren müssen von der sprechenden Person wahrgenommen und berücksichtigt werden. Dann nämlich ist der Inhalt nicht nur spannend, unterhaltsam und informativ,- er kommt auch beim Gegenüber an!